Sollte man ein AfD-Verbotsverfahren beantragen? Nach Bekanntwerden des Geheimtreffens mit Rechtsextremisten plädiert nun auch Schleswig-Holsteins Ministerpräsident Günther dafür. Andere äußern sich skeptisch - darunter ein früherer Verfassungsrichter.
Nachdem bekannt geworden ist, dass sich AfD-Politiker zu einer geheimen Tagung mit Rechtsextremisten in Potsdam getroffen haben, wird in Deutschland verstärkt über den Umgang mit der Partei diskutiert. Schleswig-Holsteins Ministerpräsident Daniel Günther schloss sich denjenigen an, die ein Verbotsverfahren für sinnvoll halten.
Die AfD werde "in drei Bundesländern als gesichert rechtsextrem eingestuft", sagte der CDU-Politiker der "Welt am Sonntag". In zwei dieser Länder habe sie bei den Landtagswahlen im Herbst gute Aussichten, stärkste Kraft zu werden.
Hier müsse "eine wehrhafte Demokratie die Instrumente, die ihr zu ihrem eigenen Schutz zur Verfügung stehen, auch nutzen", forderte Günther.
Laut Grundgesetz kann nur das Bundesverfassungsgericht eine Partei verbieten. Beantragen könnten dies der Bundestag, der Bundesrat oder die Bundesregierung.
Gewählt wird im Herbst in Sachsen, Thüringen und Brandenburg. In Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen wird die AfD vom jeweiligen Verfassungsschutz als gesichert rechtsextremistisch bewertet.
Der Brandenburger Verfassungsschutz stuft den AfD-Landesverband als rechtsextremistischen Verdachtsfall ein. Bundesweit gilt die Partei ebenfalls als Verdachtsfall. Die Partei wehrt sich juristisch gegen die Einstufung.
Günther sagte, ein Verbotsverfahren müsse "sehr gut vorbereitet werden", da es am Ende auch erfolgreich sein müsse. Er verstehe deshalb, dass zum Beispiel CDU-Parteichef Friedrich Merz dem Versuch, die AfD zu verbieten, mit Skepsis begegne. "Ein Parteiverbot ist ein scharfes Schwert, mit dem man nicht leichtfertig hantieren soll", sagte Günther. "Dennoch komme ich angesichts der Gefahr, die von der AfD ganz offenkundig ausgeht, zu einem anderen Schluss."
Merz betonte bei einer Klausurtagung des CDU-Bundesvorstands seine Position noch einmal: Ein Verbotsverfahren würde Jahre dauern und die AfD nur "in ihrer Märtyrerrolle" bestärken. Er werbe hingegen dafür, "mit aller Konsequenz auch den politischen Meinungskampf gegen die AfD" fortzusetzen und die inhaltliche Auseinandersetzung mit ihr zu suchen.
Papier, der von 2002 bis 2010 Präsident des höchsten deutschen Gerichts war, sieht eher die Volksparteien der demokratischen Mitte in der Pflicht. Sie müssten Wähler zurückgewinnen. "Die AfD hat Anhänger aus dem rechtsextremen Spektrum, aber viele ihrer Wähler sind keine Rechtsextremisten“, gab der Jurist zu bedenken.
Sie hätten ihre politische Heimat verloren und früher etwa Union gewählt oder sogar die Linke. "Die schleichende Erosion unserer Demokratie beruht auf dem eklatanten Versagen der Volksparteien als Mittler zwischen Bürgerschaft und politischer Führung", sagte Papier.