Ich habe heute Morgen etwas Nachrichten gelesen. Insbesondere einen Artikel über Frauenhäuser und das Problem deren Finanzierung. "Hmm, da muss man wirklich was dran tun. Kann so nicht weitergehen" dachte Ich. Als ich dann, trotz besseren Wissens, in die Kommentare schaute erblickte ich dieses... Dieses... Stück.
Wie kann man den so voller Neid sein? So voller seelenzerfressender Raffgier das man Frauen in absoluten Notsituationen nicht einfach Mal ein paar Tage Ruhe und Abstand gönnt ohne das die sich dazu finanzielle Sorgen machen müssen. Niemand geht dahin um Urlaub zu machen. Da gehen Frauen hin weil Sie es nicht mehr aushalten, weil sie um ihr Leben fürchten, weil sie die Hölle auf Erden durchwandert haben und einfach nur Hilfe brauchen.
Und vor allem ist das Argument auch so absolut dämlich. Und leider sehe Ich diese Argumentation so oft in letzter Zeit. "Mann darf A nicht helfen weil wir ja B auch nicht/nicht genug helfen!". Wie kommt man denn darauf? Anstatt einfach zu sagen
"Hey lasst uns A UND B helfen!".
Woher kommt dieses Konkurrenzdenken von Benachteiligten was niemanden nützt!
Wir müssen doch zusammenhalten! Nur so kann es überhaupt irgendwie besser werden!
Mein Gott, ich habe noch nie in meinem Leben so viel Hass und Verachtung für jemanden Empfunden den ich eigentlich gar nicht kenne.
Sollte das eine echte Meinung von einer echten Person sein und kein Troll, dann wünsche ich dieser Person jedwedes Unheil was die Welt zu bieten hat.
Ich würde behaupten, dass das Grundproblem ist, dass wir als Gesellschaft die Kostenfrage nie grundsätzlich diskutieren. Es gibt Diskussionen über einzelne Maßnahmen, aber nie die leider notwendige Quantifizierung wie viel wir bereits sind für das Verhindern von Tod und Leid auszugeben. Das wird dann durch Vergleiche wie oben ersetzt, die natürlich nicht sonderlich sachlich sind und häufig mit Vorwürfen und Zuschreibungen arbeiten.
Dabei gibt es durchaus Systeme für die Quantifiizerung. Als kosteneffektiv gelten meist Maßnahmen, die zur Verhinderung des Verlusts eines DALY bis zu dreimal das jährlich BIP pro Kopf verwenden. Als sehr kosteneffektiv Maßnahmen, die weniger als einmal das BIP pro Kopf, kosten.
Ich finde es schwer Daten für die Gesamtkosten von Frauenhäusern zu finden. Hiernach liegt der gesamte Finanzbedarf der Frauenhäuser in Deutschland bei weniger als einer Milliarde Euro. Die realen Ausgaben dürften also etwa bei einer halben Milliarde liegen. Damit sie kosteneffektiv sind, müssen sie also ca. 3 000 DALYs retten. Das wären z.B. etwa 100 verhinderte Tötungsdelikte und die halte ich vor schon für realistisch. Mit den anderen verhinderten Problemen kommt man dann wahrscheinlich auch auf 10 000 DALYs mit denen man das System dann als "sehr kosteneffktiv" bezeichnen kann. Nach meiner Überschlagsrechnung sind Frauenhäuser also eine objektiv gute Invesititon
Wo wird sowas festgelegt bzw hast du dafür ne Quelle? Finde den Ansatz auf jeden Fall interessant
Es geht wohl auf die WHO-CEA (cea = cost-effctiveness analysis) zurück. Ich finde allerdings nur noch Sekundärquellen (z.B: hier) weil die WHO selbst keine Werte mit BIP-Relation mehr nennt.
Es gibt daneben auch noch allerlei Quantifikationen für den Wert von Menschenleben, bei denen typischerweise ebenfalls irgendwas in der Größenordnung von Lebenserwartung * BIP pro Kopf herauskommt. Den Wert von Menschenleben kann z.B. mit Umfragen ermitteln. Dazu fragt man z.B. Menschen, wie viel sie bereit wären für eine Risikominimierung auszugeben und rechnet dann hoch. Wenn du mir z.B. sagen würdest, dass du 1€ Euro zahlen würdest, um zu verhindern, dass die Zigarette, die Du gerade rauchst, dich umbringt, dann ich dir erklären, dass Du den Wert deines (Rest-)Lebens mit 1,4 Millionen Euro bewertet hast.
Bitte nimm die Werte also nicht zu ernst. Es geht hier um Größenordnungen, um grob abschätzen zu können, ob eine Maßnahme sinnvoll ist.