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In Thüringen kandidiert der Geschäftsführer einer Security-Firma doppelt bei der Kommunalwahl – für CDU und AfD. Linke und Grüne fordern Konsequenzen.

Ein Mann, zwei Parteien: Bei der Kommunalwahl am 26. Mai in Thüringen bewirbt sich Frank Böwe um den Wiedereinzug in den Stadtrat von Ruhla und in den Kreistag des Wartburgkreises. In Ruhla tritt der Geschäftsführer einer großen Security-Firma auf Platz 10 der CDU-Liste an, für den Kreistag kandidiert er auf Platz 22 der AfD-Liste. Rechtlich möglich, politisch fragwürdig, so nennt das die Thüringer Co-Vorsitzende der Linken, Ulrike Grosse-Röthig. Sie fordert, dass der CDU-Landes­chef und Ministerpräsidenten-Kandidat Mario Voigt „umgehend für Klarheit sorgen muss“.

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Union und AfD scheinen bisher auch über die rechtsextremen Verstrickungen ihres Mandatsträgers hinwegzusehen. Böwes Name tauchte laut König-Preuss im Landtagsuntersuchungsausschuss zum Nationalsozialistischen Untergrund auf – im Kontext von Verbindungen zwischen Rechtsextremen und der organisierten Kriminalität rund um die Hells Angels.

Außerdem soll laut Belegen, die der taz vorliegen, in Böwes Firma, die seit 1995 besteht, ein Rechtsextremer beschäftigt gewesen sein. Wie König-Preuss in einer Mitteilung erklärt, habe die Firma selbst rechtsextreme Aktivitäten begleitet, etwa ein Konzert der einschlägigen Band Kategorie C, zudem sei Böwe für einen rechten Szeneladen mitverantwortlich.

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Obwohl vielfach verurteilt, prangert die Menschenrechtsaktivistin Mohammadi weiter Missstände im Iran an - auch aus dem Gefängnis. Wie sie mitteilte, reagierte das Regime in Teheran mit einer neuen Anklage gegen die Nobelpreisträgerin.--

Die im Iran im Gefängnis sitzende Friedensnobelpreisträgerin Narges Mohammadi wird ab diesem Sonntag nach eigenen Angaben wieder vor Gericht stehen. Sie sei angeklagt, weil sie Propaganda gegen das islamische System betrieben haben soll, indem sie fälschlicherweise sexuellen Missbrauch von Frauen in iranischen Gefängnissen angeprangert habe. Das schrieb die 52-Jährige in einem Brief aus dem berüchtigten Ewin-Gefängnis in Teheran.

Mohammadi forderte die iranische Justiz auf, "diesen Prozess öffentlich zu machen und die Teilnahme von unabhängigen Medien und Menschenrechtlern zu erlauben". Sie gilt als eine der bekanntesten Menschenrechtsaktivistinnen in der Islamischen Republik und war im vergangenen Jahr, während sie bereits in Haft war, mit dem Friedensnobelpreis ausgezeichnet worden.

Mohammadi ruft Betroffene auf, sich öffentlich zu äußern

"Ich will, dass ihr mich genau deswegen anklagt, aber in Anwesenheit von Zeugen", schrieb Mohammadi in dem Brief, der persischsprachigen Medien im Ausland zugeschickt wurde. Die Anwesenden sollen laut Mohammadi Zeuge sein, wie reaktionär, frauenfeindlich und fortschrittsfeindlich die religiöse Herrschaft in Iran sei. Zuvor hatte ihr Anwalt den neuen Prozess angekündigt. Die Behörden äußerten sich nicht dazu.

Mohammadi rief betroffene Frauen auch auf, ihre Erfahrungen mit Festnahmen und sexuellen Übergriffen durch staatliche Vertreter öffentlich zu machen. Dabei verwies die Menschenrechtsaktivistin auf den Fall der Journalistin und Studentin Dina Ghalibaf, die nach Angaben von Bürgerrechtsgruppen festgenommen worden war, nachdem sie Sicherheitskräften vorgeworfen hatte, ihr bei einer früheren Festnahme in einer U-Bahn-Station Handschellen angelegt und sie sexuell angegriffen zu haben. Ghalibaf wurde später wieder frei gelassen.

Lange Haftstrafen, Peitschenhiebe und Ausreisesperre

Die 52-jährige Physikerin Mohammadi war in den vergangenen Jahren 13 Mal verhaftet und zu hohen Haftstrafen und sogar Peitschenhieben verurteilt worden. Außerdem ist sie mit einer Ausreisesperre belegt, darf nicht Mitglied in einer politischen Gruppe sein und nicht ihr Smartphone benutzen.

Preisverleihung in Abwesenheit der Geehrten

Ein Instagram-Konto, über das immer wieder Äußerungen Mohammadis verbreitet werden, wird von Angehörigen und Freunden im In- und Ausland betrieben. Die Friedensauszeichnung im Jahr 2023 erhielt sie laut dem Nobelkomitee für ihren Kampf gegen die Unterdrückung der Frauen im Iran und ihren Kampf gegen die Todesstrafe sowie für die Förderung der Menschenrechte und Freiheit für alle. Bei der Zeremonie war war ein großes Porträtbild von ihr aufgehängt worden.

Im Iran hatte es nach dem Tod der 22-jährigen Kurdin Jina Mahsa Amini im September 2022 Massenprotesten gegeben. Die Polizei hatte sie damals festgenommen, weil sie sich angeblich nicht an die strikten islamischen Kleidervorschriften gehalten hatte. Die Sicherheitskräfte gingen bei den monatelangen, landesweiten Protesten vor, unter ihnen sehr viele Frauen. Hunderte Menschen wurden getötet, Tausende festgenommen.

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Risiken bestehen laut aktuellem Verfassungsschutzbericht in der vulnerablen IT-Infrastruktur österreichischer Betriebe, Forschungskooperationen mit Einrichtungen in China und chinesische Studenten an österreichischen Universitäten.--

Chinesische Spionagetätigkeiten machen dem Verfassungsschutz Sorge. Dabei geht es, wie dem aktuellen Verfassungsschutzbericht zu entnehmen ist, vor allem um Aktivitäten im wirtschaftlichen Bereich. Doch die Verfassungsschützer sehen auch die Anwesenheit chinesischer Studierender an den österreichischen Unis kritisch.

Viele österreichische „Hidden Champions“ seien zwar in der Lage, marktführende Produkte herzustellen, verfügten aber nicht über einen ebenso hohen Standard bei ihrer IT-Sicherheitsinfrastruktur, schreiben die Autoren des Berichts. Zudem mangle es vielen Klein- und Mittelbetrieben, Start-ups und Forschungszentren an Bewusstsein im Hinblick auf die eigene Attraktivität für chinesische Nachrichtendienste.

"Lohnende Ziele“

Diese Vulnerabilitäten machten österreichische Unternehmen und Universitäten zu besonders lohnenden Zielen für chinesische Aktivitäten und erleichterten chinesischen Hackern den Diebstahl von sensibler Information. Oft blieben derlei Angriffe lange Zeit unbemerkt.

Festgehalten wird, dass Österreich in Bezug auf Spionage durch ausländische Dienste eine Sonderstellung habe. Denn diese sei mit Ausnahmen nur dann gerichtlich strafbar, wenn sie gegen österreichische Interessen gerichtet sei. Das mache Österreich zu einem prädestinierten Zielland für ausländische Nachrichtendienste, vor allem als Plattform für Spionageaktivitäten gegen andere EU-Länder.

Vorteile für China

Davon profitiert nach Ansicht des Verfassungsschutzes auch China. Das Land ziehe immense Vorteile aus der liberalen österreichischen Rechtslage, aber auch aus der Offenheit des österreichischen Wissenschafts- und Wirtschaftssystems.

Daraus ergäben sich kurz- und langfristig auftretende Risiken wie etwa die Problematik des Abflusses von Wissen und Expertise von Österreich nach China. Auch eine verminderte Wettbewerbsfähigkeit des Wirtschafts- und Wissenschaftsstandortes Österreich, ein Innovationsrückstand in zukunftsweisenden technologischen Bereichen sowie der damit verbundene Wohlstandsverlust seien potenzielle Kollateralschäden chinesischer Spionage.

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Archiv-Link

Um das miserable Image im größten Überwachungsstaat der Welt aufzupolieren und die Verbrechen der Kommunistischen Partei Chinas (KPCh) zu übertünchen, ordnete Partei- und Staatschef Xi Jinping 2023 an, die Jahrhunderte alte Heimat der Uiguren, Kasachen und anderen muslimischen Ethnien in einen Urlauber-Hotspot zu verwandeln.

Geführte Touren durch ein geknechtetes Land sollen ein touristisches Idyll mit Highlights wie der Taklamakan-Wüste, dem Karakul-See oder Oasenstädten entlang der alten Seidenstraße vorgaukeln.

Doch die Realität in Chinas „schönen neuen Welt“ in der Nordwestprovinz Xinjiang sieht anders aus. Wer nach Xinjiang reist, sollte wissen, dass sein Handy genauso ausgelesen wird wie das der Einheimischen. Mitsamt aller Kontakte und persönlichen Details. Aus Sicherheitsgründen sollten Touristen auch besser vor Ort keine offene Kritik am System äußern, sonst landen sie womöglich im Gefängnis.--

Chinas Staatspräsident Xi Jinping war verantwortlich, als Parteikader vor etwa zehn Jahren die „Autonome Uigurische Provinz Xinjiang“ nachweislich mit einem Netz an modernen Konzentrationslagern überzogen haben, unter dem Vorwand den islamistischen Terror zu bekämpfen. Seit der gewaltsamen Besatzung unter Mao 1949 hatten sich vereinzelt muslimische Gruppen gegen die Unterdrückung erhoben. „Offiziell sind wir auf dem Papier seither autonom, inoffiziell sind wir ein Volk von Sklaven in einem an Bodenschätzen sehr reichen Land“, sagt die Kasachin Sayragul Sauytbay, Überlebende eines Lagers, der unter Lebensgefahr die Flucht nach Schweden gelungen ist, im Gespräch mit TRAVELBOOK.

Als Sauytbay am Rande des Tianshan-Gebirges 1976 zur Welt gekommen war, gab es dort noch keine Chinesen. Erst durch gezielte Masseneinwanderung hat die KP die muslimischen Ethnien zur Minderheit im eigenen Land gemacht und jeglichen Widerstand im Keim erstickt. „Sogar Messer in unseren Küchen sind festgekettet und mit Chip ausgestattet, damit die Partei überwachen kann, wann und wie oft man sie benutzt“, berichten Zeugen, die heute im Ausland leben. Urlauber sollen nach Xinjiang gelockt werden

Menschenrechtsorganisationen sprechen von einer bis drei Millionen inhaftierten Muslimen in der „Autonomen Uigurischen Region Xinjiang“. Ob dort heute nur noch 11 oder 16 Millionen Uiguren leben? Keiner kennt genaue Zahlen, da chinesische Statistiken intransparent sind. Deshalb weiß auch niemand, wie viele Unschuldige die Parteikader bereits getötet haben. Zeugenberichten zufolge werden aber in beinahe jeder muslimischen Familie Verwandte vermisst. Dennoch leugnet die Partei Gewalt gegen Muslime, gleichzeitig liefert sie selbst wiederholt durch geleakte chinesische Staatsdokumente, wie zuletzt die „Xinjiang Police Files“, die besten Gegenbeweise. Im August 2023 forderte Xi bei einem Besuch in Xinjiang gleichzeitig mehr Härte gegen Uiguren und mehr Werbung für den Tourismus.

Geht das überhaupt in einem Land beispielloser Kontrolle, Zensur und Rechtlosigkeit, in dem jeder Uigure oder Kasache jederzeit enteignet oder verhaftet werden und für immer verschwinden kann? „Man kann ihre Menschenrechte nicht verletzen, denn sie haben keine Rechte“, umschreibt ein leitender chinesischer KP-Beamter in einer WDR-Dokumentation die Situation der Muslime in Xinjiang. Laut chinesischen Behörden sollen trotz der brutalen Unterdrückung allein im vergangenen Jahr 180 Millionen Touristen Xinjiang besucht haben. Lager wegen Touristen verlegt

Um noch mehr Urlauber in die Nordwestprovinz zu locken, haben die Kader zumindest äußerlich Veränderungen vorgenommen. So schlossen sie zwar manche der sogenannten „Berufsbildungslager“ mitten in den Städten, bauten dafür aber andere am Rande aus und benannten viele Lager in normale Gefängnisse um. Während vorher noch an jeder Straßenecke Polizeistationen standen, wachen dort meist nur noch Überwachungskameras. „Die Lager befinden sich meist an Orten, wo keine Touristen hinkommen“, weiß Sauytbay.

„Die KP ist sehr geschickt darin, Potem`kinsche Dörfer aufzubauen“, bestätigt auch Dina Nurdybay gegenüber TRAVELBOOK. Die einst erfolgreiche Modedesignerin war im Lager nicht nur Zwangsarbeiterin in einer Nähfabrik, sondern musste auch in einem Propagandafilm der KPCh mitspielen, der in einem Hotel gedreht wurde. Darin sieht man Einheimische in typischen Kostümen, die geschminkt und lachend landestypische Tänze aufführen. In die hingehaltenen Mikrofone der Journalisten musste sie später Sätze sagen wie: „Ich bin sehr dankbar und überaus glücklich, dass die Partei mir diese kostenlose Ausbildung im Lager anbietet.“ Jeder Satz, jedes Komma, jeder Atemzug wurde vorher genau für die Kameras einstudiert.

„Touristen sehen nur das, was sie sehen sollen“

Keiner wage sich in diesem Land, offen die Wahrheit zu sagen, sagen übereinstimmend Zeugen, denn das führe direkt ins Lager. „Touristen werden in Ostturkestan nur das sehen und das hören, was sie laut der Regierung hören und sehen sollen“, bekräftigt Sayragul Sauytbay, die das Denken der Partei gut kennt, da sie als leitende Staatsbeamtin selbst gezwungenermaßen KP-Beamtin war. „Um uns Dissidenten auch im Ausland mundtot zu machen, benutzt die Partei unsere Verwandten in der Heimat wie Geiseln“, führt Sauytbay aus, „gleichzeitig verfolgen sie uns mit Verleumdungskampagnen, Todesdrohungen und Attentaten.“

Nichts überlässt die Partei in Xinjiang dem Zufall. „Wenn beispielsweise eine ausländische Delegation ihren Besuch in Urumqui angekündigt hat, zogen mehrere Polizisten bei uns in die Wohnung ein“, erzählt Zeugin Zumret Dawut aus der Hauptstadt. „Erst wenn die Delegation wieder abgereist war, durften wir wieder vor die Tür.“ Andere Türen vorgesehener Häuser öffnen sich wiederum für Touristen. Da sehen sie beispielsweise uigurischen Frauen in typischer Tracht beim Brotbacken zu. „Unsere Landsleute werden vorgeführt wie Tiere im Zoo“, so Zeugen. Wer das Schauspiel der Partei nicht mitspiele, dem ergehe es schlecht.

Taxifahrer haben Angst, Ausländer mitzunehmen

Möglicherweise wundern sich gelegentlich Touristen, warum manche Taxifahrer Angst haben, sie als ausländische Reisende mitzunehmen. Oder warum sie von der Polizei verfolgt werden. Und warum uigurische Männer keine traditionellen Bärte mehr tragen. Und wieso es überwiegend chinesische, aber kaum uigurische Schriftzeichen in der Heimat der Uiguren gibt. Seltsam auch, dass man kaum junge Menschen auf der Straße sieht. „Viele Jugendliche werden in die Zwangsarbeit ins Inland Chinas verschickt“, berichtet Sauytbay über Zwangsarbeiterprogramme der Partei. Kinder verhafteter Eltern wiederum landen oft in Erziehungsanstalten, wo sie mit Parteislogans und Hass auf ihr Volk und aufs Ausland gedrillt werden.

„Wer sich nicht assimiliert, wird eliminiert“, fasst Sauytbay das Grauen in Xinjiang zusammen. Übereinstimmend berichten Überlebende in den Lagern unter anderem über Folter, systematische Vergewaltigungen, erzwungene Medikamentengabe oder Hunger. „Das sind unschuldige Menschen in Ketten, mit kahl rasierten Köpfen“, weiß Sauytbay, „sie gleichen einer Kohorte lebendiger Toter.“ Die Jüngste in ihrem Lager war eine Schülerin mit 14 Jahren, die Älteste eine 84-jährige Schafhirtin.

Ein Ziel der KPCh sei es, die Muslime zu Chinesen und parteitreuen Dienern zu machen, die ihre eigene Kultur, Identität und Sprache leugnen, so Sauytbay. Wer Gott anbete, werde eingesperrt, denn er bete nicht Xi Jinping an und kritisiere damit die Partei. Für Muslime gelte das Gebot ständiger Angst und des Schweigens.

Urumqui – High-Tech-City und Überwachungsapparat

Vordergründig zeigt sich in der Hauptstadt Urumqui eine High-Tech-City mit Glitzerfassaden und vermeintlich zufriedenen Bürgern, die auf Anfrage meist in typischem Parteisprech „Wohlstand, Harmonie und Stabilität dank der Partei“ preisen. In Wirklichkeit aber leben die muslimischen Ethnien wie in einem riesigen Freiluftgefängnis, auch außerhalb der Lager.

Um Muslime sogar in den eigenen vier Wänden zu kontrollieren, nutzt die Partei nicht nur High-Tech, sondern auch andere chinesische Bewohner. Von ihnen ziehen einige „Gäste“ jeden Monat für acht bis zehn Tage in deren Wohnungen ein. „Wer deren Wünsche nicht erfüllt, kommt ins Lager“, weiß Zeugin Zumret Dawut. Die uigurische Mutter von drei Kindern durchlitt nach Haft und Zwangssterilisation ständige Panik, da einer der „Gäste“ ein Auge auf ihre zehnjährige Tochter geworfen hatte.

Damit „das wunderschöne Xinjiang“, wie Xi das bei seinem letzten Besuch in Urumqi 2023 ausgedrückt hat, in seinem schönsten Licht erscheint, investiert die KP Chinas nicht nur gewaltige Summen in Desinformationskampagnen, wie aktuell ein Bericht des US-Außenministeriums zeigt, sondern bezahlt auch westliche Influencer dafür, positive Geschichten in den sozialen Netzwerken zu posten. Die KPCh will Xinjiang wie Tibet oder die Innere Mongolei in dasselbe China wie im Inland verwandeln.

Auslöschung der ursprünglichen Kultur

Zu dem Zweck hat die Partei die Jahrhunderte alte, faszinierende Kultur der Muslime weitgehend zerstört, Moscheen teils zu öffentlichen Toiletten umfunktioniert und Friedhöfe mit Baggern einplaniert. In der Wüstenoase Kashgar, Wiege der uigurischen Kultur, hatten einst 2000 Jahre alte Lehmziegelhäuser das Bild der Altstadt geprägt. Stattdessen finden sich dort heute Souvenirstände mit buntem Krimskrams „made in China“. Der verbleibende Rest wird für Touristen-Folklore genutzt.

Einerseits schürt die KPC bereits bei den Kleinsten im Kindergarten ein Feindbild gegen Ausländer und hält die Einwohner dazu an, keine ausländischen Produkte zu kaufen, um China an die Weltspitze zu bringen. Andererseits benötigt die angeschlagene Wirtschaft dringend deren Geld aus dem Ausland. Auch deutsche Reiseunternehmen bieten Touren mit Behörden in Xinjiang an, die direkt mit der Zerstörung des kulturellen Erbes, der Überwachung und Internierung von Uiguren in Verbindung stehen.

Ständige Überwachung auch von Touristen

„Wer in diesem Überwachungsstaat sein Geld als Tourist investiert, macht sich zum Komplizen der Verbrechen der Partei und stärkt der Diktatur den Rücken“, sagt Sauytbay. Denn Xi Jinping strebt offen nach einer neuen Weltordnung, die das Ende von Freiheit und Rechtsstaatlichkeit bedeutet – Seite an Seite mit anderen Diktatoren. Zu diesem Zweck importiert die KPCh auch Überwachungsmethodik und -technik, nach demselben Modell wie in Xinjiang, in andere Länder der Welt wie Russland oder Serbien.

Wer dennoch nach Xinjiang reist, sollte wissen, dass sein Handy genauso ausgelesen wird wie das der Einheimischen. Mitsamt aller Kontakte und persönlichen Details. Hat ein Uigure zum Beispiel auf dem Handy Kontakte ins Ausland, wird er als Staatsfeind verdächtig. Aus Sicherheitsgründen sollten Touristen auch besser vor Ort keine offene Kritik am System äußern, sonst landen sie womöglich im Gefängnis in Xi`s „wunderschönem Xinjiang“.

Und warum ist Xinjiang so bedeutsam für die KP CHinas?

  1. Es ist sehr reich an Bodenschätzen (z. B. seltene Erden, Baumwolle, Gold, Erdgas, Öl)
  2. Es hat eine bedeutsame geostrategische Lage, grenzt an acht Länder und wird auch „Tor zum Westen“ genannt.
  3. Es gilt als Zentrum der „Neuen Seidenstraße“, dem weltweit größten Infrastrukturprojekt; hier fließen die Finanzströme aus anderen Ländern zusammen. Mithilfe dieses Projekts will die KPCh die Weltwirtschaftsmacht erobern.

[Tippfehler korrigiert.]

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Tausende Kilometer liegen zwischen Studierenden aus China und Hongkong, die an europäischen oder nordamerikanischen Unis studieren, und ihren Heimatregierungen. Weit weg und doch bedrohlich nah. Diese Botschaft sei bei ihr angekommen, sagte Rowan (Name geändert) der Menschenrechtsorganisation Amnesty International: "Du wirst beobachtet. Obwohl wir auf der anderen Seite des Planeten sind, können wir dich erreichen."--

Rowan ist eine der 32 Befragten, davon 12 aus Hongkong, die Amnesty für den Bericht "On my campus, I am afraid" ausführlich interviewt hat. Zur Dokumentation transnationaler Repression durch China an ausländischen Universitäten sprach die Organisation mit chinesischen Studierenden in acht Ländern: Belgien, Deutschland, Frankreich, Großbritannien, den Niederlanden, der Schweiz, Kanada und den USA. Alle Personen und Universitäten wurden anonymisiert, um die Befragten zu schützen.

Drohungen gegen die Familien in China

Rowan berichtete Amnesty, dass sie an ihrem Studienort an einer Gedenkveranstaltung zum Tiananmen-Massaker teilgenommen hatte. Das Gedenken an die blutige Niederschlagung der Demokratiebewegung in Peking am 4. Juni 1989 ist in China und Hongkong verboten. Nur wenige Stunden später meldete sich Rowans Vater aus China bei ihr: Sicherheitsbeamte hätten ihm gesagt, er solle seine Tochter im Ausland davon abhalten, an Veranstaltungen teilzunehmen, die dem Ansehen Chinas in der Welt schaden könnten. Rowan hatte niemandem ihren Namen genannt und nirgendwo über ihre Teilnahme berichtet.

Auch die DW hat mit Studenten aus China in Europa gesprochen. Vor dem Besuch des chinesischen Präsidenten Xi Jinping in Paris, sagt Yongzhe der DW (Name geändert), hätten chinesische Behörden diejenigen bedroht, die Demos organisieren wollten und deren Familien in China besucht. So etwas geschehe häufig.

"Eure Ausübung der Meinungsfreiheit im Ausland ist nicht akzeptabel", diese Botschaft komme nicht nur bei den direkt Betroffenen an: "Egal wo du bist, ob in Deutschland, Frankreich oder anderswo, es gibt keinen Weg, dem Überwachungssystem Chinas zu entkommen."

Es würden auch die Familienangehörigen in China selbst bedroht, berichtet Theresa Bergmann der DW. Sie ist Asien-Expertin bei Amnesty International in Deutschland. "Es wird zum Beispiel damit gedroht, Pässe einzuziehen, Arbeitsstellen zu kündigen, Renten zu kürzen oder Bildungsmöglichkeiten einzuschränken, sollten die Studierenden im Ausland ihr Engagement fortführen." Der Bezug zur Regierung sei klar: "Diese Einschüchterungsversuche kommen von Staatsbediensteten in China selbst."

Aussagen über chinesische Repression gleichen sich

Einzelfälle? Viele Studierende aus China und Hongkong im Ausland lebten in Angst vor Einschüchterung und Überwachung, berichtet Amnesty International. Die Behörden Chinas und Hongkongs versuchten, sie daran zu hindern, sich mit kritischen Themen zu befassen.

Neben dem Tiananmen-Gedenken gehe es auch um Solidarität mit der Demokratiebewegung in Hongkong oder den "White Paper"-Protesten in China, wo Menschen 2022 mit leeren weißen Blättern gegen rigide Corona-Maßnahmen und die Einschränkung der Meinungsfreiheit protestierten. Amnesty habe die Behörden in China und Hongkong mit den Vorwürfen konfrontiert. "Wir haben keinerlei Rückmeldungen aus Festland-China bekommen", sagt Theresa Bergmann, aus Hongkong sei "eine Art Dementi" gekommen.

Studierende seien wegen ihres Aufenthaltsstaus und ihrer finanziellen Situation eine besonders vulnerable Gruppe, betont Bergmann. Amnesty könne nicht für alle geschätzt 900.000 chinesischen Studierenden im Ausland sprechen. Es sei aber auffällig, dass Aussagen über Repressionen sich über nationale Grenzen hinweg glichen und zu bisher bekannten Fällen passten.

So hatte die Menschenrechtsorganisation Human Rights Watch 2021 dokumentiert, wie chinesische Studierende in Australien überwacht und bedroht wurden. 2022 berichtete die Menschenrechtsorganisation Safeguard Defender über illegale chinesische Polizeistationen im Ausland, die gegen kritische Staatsbürger dort vorgingen. China bestritt das. Mehrere Staaten aber schritten gegen verdächtige chinesische Personen ein.

2023 berichteten die DW und die Rechercheplattform Correctiv, wie China Stipendiaten des China Scholarship Council (CSC) in Deutschland engmaschig kontrolliere und von allen kritischen Äußerungen abhalte.

WeChat: Online-Überwachung von Studenten im Ausland

"Eine studierende Person, die an einer Demo teilgenommen hat und danach ein Selfie vor der Botschaft machte, berichtet, sie sei auf dem Weg von der Botschaft zur U-Bahn verfolgt worden", schildert Theresa Bergmann eine Erfahrung aus Deutschland. Bei Verfolgung oder dem Fotografieren von Protesten sei nicht immer nachzuverfolgen, dass die Person im Auftrag der chinesischen Regierung handle.

Eine sehr große Rolle spiele die Online-Überwachung. WeChat gilt als chinesische Super-App, die Daten an die Regierung weitergibt. "Wir haben Fälle, wo WeChat-Accounts geschlossen oder Inhalte blockiert wurden, weil Personen sich offen gegenüber Protesten geäußert haben". Amnesty spricht von einer "Great Firewall". Studierende sind bei der Kommunikation mit Verwandten und Freunden in China auf staatlich genehmigte Apps wie WeChat angewiesen, die für Überwachung anfällig sind.

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Am 1. Juli vor zehn Jahren trat das Freihandelsabkommens zwischen der Schweiz und der Volksrepublik China (VRC) in Kraft. In diesen zehn Jahren hat sich die Menschenrechtslage in der Volksrepublik massiv verschlechtert. Besonders die Repression gegenüber der tibetischen und uigurischen Bevölkerung hat stark zugenommen. Die Menschenrechte werden im Text des Freihandelsabkommens mit keinem Wort erwähnt. Auf Wunsch der Wirtschaft will nun die Schweiz das Abkommen erweitern, dabei soll es vor allem um zusätzliche Zollbefreiungen für die chemische Industrie und die Maschinenindustrie gehen. Wir fordern eine griffige rote Linie: Keine Weiterentwicklung des Freihandelsabkommen ohne substanziellen Einbezug von Menschenrechten.--

„Der chinesische Staat hat mich und 100000 andere Menschen gefoltert. Dass die Schweiz nun den Handel mit China intensivieren will ohne die Menschenrechte anzusprechen, ist ein No-Go. Um das zu verhindern, unterzeichnen Sie bitte die Petition an der Schweizer Bundesrat.“--- Gulbahar Haitiwaji, Augenzeugin der chinesischen Zwangslager

In der Bundesverfassung steht klar: Die Schweizer Aussenpolitik muss sich für die Achtung der Menschenrechte einsetzen, die Demokratie fördern und zu einem friedlichen Zusammenleben der Völker beitragen (Artikel 54 Abs. 2). Wir fordern den Bundesrat dazu auf, dieser Verpflichtung auch in seinen Verhandlungen über eine Weiterentwicklung des Freihandelsabkommen mit der VRC nachzukommen. Denn auch die Schweizer Handelspolitik muss sich an der Bundesverfassung orientieren und menschenrechtskonform sein.

Ein Schweizer Sonderweg

Die Schweiz ist das einzige kontinentaleuropäische Land, das ein Freihandelsabkommen mit der VRC abgeschlossen hat. Während ihre engsten Handelspartner in Europa und die USA zunehmend ihre aussenpolitischen Strategien anpassen und Sanktionen ergreifen, um die chinesische Regierung für ihre massiven Menschenrechtsverletzungen zur Verantwortung zu ziehen, stellt die Schweiz immer noch Handelsinteressen über Menschenrechte.

Unterstützen Sie unsere Petition: Wirtschaftsminister Guy Parmelin will für die Vertiefung der Beziehungen zur VRC noch diesen Sommer nach Peking reisen. Auf seine Reise wollen wir ihm eine griffige rote Linie mitgeben: Eine Weiterentwicklung des Freihandelsabkommens ohne Menschenrechte darf bei den Verhandlungen nicht in Frage kommen.

Wir fordern konkret: -Dass Artikel 54 Abs. 2 der Bundesverfassung als rote Linie definiert wird für die Verhandlungen über eine Weiterentwicklung des bilateralen Freihandelsabkommens.

Eine erfolgreiche Menschenrechtspolitik gegenüber der VRC muss sich für die Anliegen kohärent und konsequent und „auf allen Stufen“ einsetzen, wie das der Bundesrat auch selbst in seiner Chinastrategie 2021-24 gefordert hat.

Konsequenterweise müssen die Grundwerte der Schweiz, wie sie in der Bundesverfassung verankert sind, auch für Freihandelsabkommen gelten.

Warum ist das wichtig?

Seit 2013 steht Xi Jinping an der Regierungsspitze der Volksrepublik China. Ein Jahr später trat das bilaterale Freihandelsabkommen mit der Schweiz in Kraft. In den zehn Jahren, die seither vergangen sind, hat sich die Menschenrechtslage in der VRC nochmals massiv verschlechtert. Die chinesische Regierung geht besonders brutal gegen die tibetische und uigurische Gemeinschaft vor. So sind Tibeter:innen im Alltag weiterhin stark unterdrückt.

Bei Protesten gegen den geplanten Bau eines Wasserkraftwerkes, für dessen Inbetriebnahme mehrere Dörfer und tibetische Klöster von grosser historischer Bedeutung überflutet werden sollen, wurden im Frühjahr 2024 über tausend Menschen, darunter Nonnen und Mönche, verhaftet.Bis zu einer Million tibetische Schülerinnen und Schüler ab 4 Jahren – das sind über 80 Prozent aller schulpflichtigen tibetischen Kinder – werden gezwungen, Internatsschulen fern von ihren Familien zu besuchen, wo ihnen nur die chinesische Sprache und Kultur vermittelt wird. So wächst eine Generation heran, die weder Tibetisch spricht, noch einen Bezug zur eigenen kulturellen Herkunft hat.

Auch in Ostturkestan (chin. Xinjiang) hat sich die Situation massiv verschlechtert. Weltweit Schlagzeilen machte die Inhaftierung von etwa einer Million Menschen in so genannten “Umerziehungslagern”, wo sie indoktriniert und teilweise gefoltert und vergewaltigt werden. Während jüngst einige dieser Lager aufgrund des internationalen Drucks geschlossen wurden, ist die uigurische Bevölkerung auch ausserhalb dieser Lager engmaschig überwacht und in ihrer Bewegungsfreiheit massiv eingeschränkt: Ehemalige Insass:innen der Lager werden unter Hausarrest gestellt, zu langjährigen Haftstrafen verurteilt oder müssen Zwangsarbeit leisten. Zudem ist dokumentiert, wie die chinesische Regierung durch Zwangssterilisationen und weitere Massnahmen zur Geburtenkontrolle bei uigurischen Frauen eine dramatische Änderung der demografischen Zusammensetzung in der Region herbeiführt.

Fakt ist: In China nahmen in den 10 Jahren seit Inkrafttreten des Freihandelsabkommen mit der Schweiz die Menschenrechtsverletzungen stark zu. Vor dieser Entwicklung darf die Schweiz nicht die Augen verschliessen und muss endlich Verantwortung übernehmen!

[Tippfehler korrigiert.]

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Volkswagen zieht 'unzureichende Konsequenzen aus Zwangsarbeitsrisiken in China', so der Dachverband der Kritischen Aktionärinnen und Aktionäre in Deutschland.

Der Verband hat daher auf der Hauptversammlung des Volkswagen AG beantragt, 80 % der Dividende in "die ökologische Transformation des Konzerns, in umweltverträgliche Alternativen in den Lieferketten, klimaverträglichere Produkte, zwangsarbeitsfreie Produkte und die Qualifizierung der Arbeitnehmenden" zu investierten. Insgesamt geht es um Investitionen in der Höhe von mehr als 4,5 Milliarden Euro.

Trotz der vom Verband geforderten Massnahmen würde pro Stammaktie immer noch eine Dividende von 1,80 Euro und je Vorzugsaktie eine Dividende von 1,812 Euro ausgeschüttet werden.

Erste Berichte, dass VW den Ausstieg aus dem Werk im chinesischen Xinjiang zumindest prüft, sind ein erster kleiner Lichtstreif am Horizont, so der Verband. Dennoch kann die Konzernpraxis in China weiterhin als kritikwürdig eingestuft werden, heisst es weiter. Neue Vorwürfe gibt es u.a. bezüglich des Baus einer Teststrecke für VW-SAIC. Hier gibt es eindeutige Belege dafür, dass in der Bauphase uigurische Zwangsarbeitende eingesetzt wurden.

Das European Center for Constitutional and Human Right (ECCHR) hat gegen Volkswagen, Mercedes-Benz und BMW 2023 beim für die Überwachung des Lieferkettengesetzes in Deutschland zuständigen Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle (BAFA) eine Beschwerde eingereicht. Bis heute konnten „die drei Autohersteller nicht glaubhaft belegen, dass sie uigurische Zwangsarbeit in ihren Lieferketten ausschließen können“, sagte der Präsident des Weltkongresses der Uiguren, Dolkun Isa gegenüber Table.Media.

Der Bericht „Asleep at the Wheel: Car Companies‘ Complicity in Forced Labor in China“ aus diesem Jahr belegt, dass die Automobilkonzerne bis heute noch immer keine angemessenen Maßnahmen ergriffen haben, sich vom Risiko uigurischer Zwangsarbeit in Ihren Aluminiumlieferketten freizumachen oder dieses zu minimieren. Noch haben sie spezifische Pläne vorgelegt, wie sie zukünftige Menschenrechtsverstöße in ihren eigenen Lieferketten verhindern und beseitigen wollen. Hier ist die Volkswagen AG gefordert, für Aufklärung zu sorgen und sicherzustellen, dass veränderte Strategien nicht zu weniger, sondern zu mehr Sorgfalt in den Lieferketten führt.

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Der Überfall auf Israel und der Gazakrieg: Der Chefankläger des Internationalen Strafgerichtshofes sieht hinreichende Belege dafür, dass israelische Politiker und Führer der Hamas für Verbrechen gegen die Menschlichkeit verantwortlich sind.

Der Internationale Strafgerichtshof (IStGH) beantragt nach eigenen Angaben Haftbefehle gegen den Hamas-Führer Yahya Sinwar und den israelischen Premierminister Benjamin Netanyahu wegen Kriegsverbrechen und Verbrechen gegen die Menschlichkeit im Zusammenhang mit den Angriffen auf Israel am 7. Oktober und dem anschließenden Krieg im Gazastreifen. Das erklärte der Chefankläger des IStGH, Karim Ahmad Khan, in einem Exklusivinterview mit Christiane Amanpour von CNN.

Der Staatsanwalt sagte, dass der IStGH auch Haftbefehle gegen den israelischen Verteidigungsminister Yoav Gallant beantragt. Außerdem sollen auch Haftbefehle gegen zwei weitere hochrangige Hamas-Führer – Mohammed Diab Ibrahim al-Masri, den Anführer der Al-Qassem-Brigaden, besser bekannt als Mohammed Deif, sowie Ismail Haniyyeh, den politischen Führer der Hamas – erlassen werden.

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Der jüngste IEA-Bericht «Renewables 2023» zeigt ein spektakuläres Wachstum von 50 Prozent bei der Installation neuer erneuerbarer Stromerzeugungskapazitäten auf globaler Ebene, das heisst fast 507 Gigawatt (GW) im Jahr 2023. Auf Solarkraft fiel 375 GW und die Windkraft steuerte 108 GW bei, die restlichen 18 GW wurden mit Wasserkraft und Biomasse erzeugt.

Für die Schweiz waren es 1,5 GW Solarenergie und 0,012 GW Windkraft im vergangenen Jahr. Im Jahresdurchschnitt werden die neuen Anlagen das Äquivalent von ungefähr 100 grossen Kernkraftwerken vom Typ Gösgen bei einer 24-stündigen Betriebszeit erzeugen.

Das bedeutet zwar fast dreimal mehr Installationen als im Jahr 2019, aber immer noch um den Faktor 4 bis 5 zu niedrig, um bis 2050 eine nahezu vollständige Dekarbonisierung des Energiesystems zu erreichen. Schätzungen zufolge müssten bis 2030-2035 mindestens Anlagen für 1500 GW Solarstrom installiert werden und idealerweise nahezu 500 GW Windkraft pro Jahr.

China investiert massive Finanztitel

Das einzige Land der Welt, das den tatsächlichen, enormen Bedarf an Geräten für erneuerbare Energien vorhergesehen hat, ist China. Bereits während der COVID-19-Krise flossen massive Finanzmittel in die Sektoren Photovoltaik, Batterien - die für den Netzbetrieb notwendig werden - und Elektromobilität.

Im Solarbereich beispielsweise wurden in den letzten zwei bis drei Jahren fast 900 GW zusätzliche jährliche Produktionskapazität für Solarmodule installiert. Das ist viel mehr, als der Markt im Jahr 2024 benötigt, aber es ist die richtige Grössenordnung, um die Energiewende weltweit zu schaffen.

Da chinesische Unternehmen untereinander in einem harten Wettbewerb stehen, haben wir Ende 2023 einen spektakulären Preisverfall bei Solarmodulen, aber auch bei Batterien, Elektroautos und chinesischen Windturbinen erlebt. Bei den Herstellungskosten wird es nahezu unmöglich sein, mit China zu konkurrieren.

Droht ein Monopol?

Andererseits birgt diese chinesische Dominanz die Gefahr, sich in ein echtes Monopol zu verwandeln, eine Reihe von Fragen auf. Einerseits stellt sich die strategische Frage: Können wir uns für unsere Zukunft ausschliesslich auf Produkte verlassen, die aus einem einzigen, nichtdemokratischen Lieferland stammen? Ganz zu schweigen von der elektronischen Schnittstelle zum Netzwerk zahlreicher aus dem Ausland steuerbarer Systeme.

Europa möchte zu Recht, zumindest für einen Teil des Marktes, die technologische Unabhängigkeit und die Fähigkeit bewahren, die Produktion in Europa im Falle von Konflikten oder kommerziellen Zwängen wieder auszubauen. Diese «Resilienz» wird ihren Preis haben, aber es geht darum, die Schweizer und europäische Gruppen, die in diesen Produktionssektoren tätig sind, jetzt und so schnell wie möglich zu unterstützen.

Es ist immer noch der richtige Zeitpunkt dafür: Es gibt ein industrielles Ökosystem aus Produzenten, Herstellern von Silizium (z. B. Wacker-Gruppe), Solarzellen (z. B. Meyer Burger-Gruppe), Modulen, Geräteherstellern und Forschungszentren, das teilweise an vorderster Front in diesen Bereichen steht. Darüber hinaus bietet der Teil «Made in Europe» eine grössere Sicherheit, Produkte mit weniger CO2-Auswirkungen zu haben, ohne dass das Risiko besteht, dass Arbeitskräfte ausgebeutet werden.

Schweiz und Europa gut aufgestellt

Gleichzeitig sind viele Schweizer und europäische Unternehmen für weitere Nischenmärkte immer noch gut aufgestellt, sei es zum Beispiel mit der Produktion von gebäudespezifischen Solarmodulen, darunter zum Beispiel die 3S-Produktionslinien im Kanton Bern, oder hochwertige elektronische Systeme von Studer-Innotec, die eine sichere Inselbildung und Entkopplung vom Netz ermöglichen.

Allein die CSEM-Teams in Neuenburg arbeiten beispielsweise mit mehr als zwanzig Schweizer Unternehmen zusammen, die Produkte oder Lösungen für die Energiewende entwickeln und es gibt noch viele mehr in der Schweiz.

Letztlich spielen auch die Verbraucher eine Rolle. Sie können sich für Lösungen entscheiden, die eine lokale Fertigung beinhalten, ohne unbedingt den eigenen Gewinn zu maximieren, sondern unter Berücksichtigung des Beitrags zur Schaffung eines insgesamt nachhaltigeren und zirkuläreren Systems.

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Guten Morgen und herzlich willkommen in der neuen Woche!

Hoffentlich könnt und dürft ihr euch heute über einen freien Tag freuen.

Nachdem die Mitbewohner mich fürsorglich über den Tagesanbruch informiert haben, bin ich mit dem Frühstück für alle und dem Kaffee für mich gleich durch. Wahrscheinlich lege ich mich dann zur Feier des Tages nochmal lang und schaue ein oder zwei (für mich) neue Folgen von Death in Paradise. Das einzige, das ich mir fest vorgenommen habe: Spargel zum Mittagessen und ein Spaziergang.

Wie sieht es bei euch aus? Müsst ihr Arbeiten oder könnt ihr euch heute vielleicht einen schönen Tag machen? Habt ihr noch etwas für die Woche geplant?

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Wir wollen die Anarchie. Wir wollen Freiheit und Autonomie für alle ohne Herrschaft und Grenzen. Wir wollen die Umwälzung des Bestehenden. Wir wollen die soziale Revolution.

Daran hat sich seit dem letzten ACAT-Treffen nichts geändert. Letztes Jahr sind unter anderem folgende Fragen dort diskutiert worden: Die Frage ob spezifische Kämpfe heute immer noch ihre Gültigkeit haben bzw. ob sie notwendiger denn je wären, inwiefern wir angesichts dystopischer Zustände in soziale Kämpfe intervenieren wollen und wie, die Vereinnahmung antiautoritärer Kämpfe durch Autoritäre (am Beispiel der Appelist*innen in der ZAD in Nantes, Frankreich), über die digitale Einhegung und den Widerstand dagegen (am Beispiel des Gefährten Boris in Frankreich und die anhaltenden Kämpfe gegen das sich global ausbreitende digitale Freiluftgefängnis dort), die Geschichte der aufständischen Methode im Anarchismus, Krieg, und das Patriarchat in seiner techno-industriellen Form. [Die Diskussionstexte vom letzten Jahr findest du hier]

Dieses Jahr wollen wir wieder zusammenkommen, um aufeinander zu treffen und ohne Bildschirme zwischen uns in Austausch zu treten. Wir wollen diskutieren. In großen und kleinen Gruppen, mit neuen Gesichtern und alten Bekannten. Mit der Erfahrung vom letzten Jahr, haben wir uns entschieden, die Diskussionen auf drei Thementage mit jeweils zwei Diskussionen pro Tag zu beschränken. (Spontane Diskussionen können natürlich jederzeit wieder gestartet werden).

Die Themen werden die folgenden sein:

  • Internationale Solidarität
  • Extraktivismus
  • Krieg

Das Treffen findet vom 30. Mai bis zum 2. Juni im Hambacher Forst statt. Die Diskussionstage sind Freitag, Samstag, und Sonntag. Anreisetage sind Mittwoch der 29. und Donnerstag der 30. und Abreisetag ist Montag der 3. Juni.

Bringt eure Distros!

Für Verpflegung wird gesorgt. Zelte, Schlafsäcke und Matten müssen mitgebracht werden. Menschen, die nicht im Zelt schlafen wollen, meldet euch bitte, wir werden Alternativen (die auch kein Klettern beinhalten) organisieren, diese werden aber von der Anzahl her begrenzt sein und zuerst an Leute gehen, die diese brauchen, um am Treffen teilhaben zu können.

Um uns zu kontaktieren oder wenn ihr Fragen habt, kontaktiert uns unter:

acat [äd] supernormal.net pgp-key hier

Ein detailliertes Programm, sowie Details zur Anreise und weitere Infos folgen Anfang Mai auf unserem Blog https://acat.noblogs.org/

Willkommen sind alle Anarchistinnen, alle wilden Herzen, freien Geister, Subversive und Rebellinnen, die sich in dieser Einladung wiedererkennen.

Nichtsdestotrotz – und mit der Erfahrung vom letzten Jahr und anderen Treffen – wollen wir dieses Jahr einen kleinen Disclaimer beifügen, wer sich überlegen sollte, ob er*sie wirklich kommen will:

  • Leute, die moderierte Diskussionen, Redner*innenlisten und andere sozialkybernetische Modalitäten erwarten. Ihr könnt euch gerne für Kleingruppendiskussionen so frei assoziieren, aber die meisten Diskussionen werden nicht so geführt werden.

  • Leute, die erwarten, dass es bei einem Diskussionstreffen ein Awareness-Team gibt, weisen wir im Vorhinein darauf hin, dass es keines geben wird.

  • Leute, die Party und Konsum erwarten. Es gibt genug Möglichkeiten dafür, ein Diskussionstreffen und der Wald sind vielleicht einfach nicht der Rahmen.

  • Leute, die im Bezug auf die Kriegsfrage, die Einreihung von Anarchistinnen unter der ein oder andern (proto)-staatlichen Formation befürworten bzw. andere Anarchistinnen (moralisch) dazu drängen wollen für diesen oder jenen Staat Partei zu ergreifen (und zu kämpfen), bitte bleibt dem Treffen fern.

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Syed N. war mit seinem Fahrrad in Berlin auf der Straße des 17. Juni in Berlin-Tiergarten unterwegs. Nach dem Überqueren einer Ampel wurde er von zwei Polizisten angehalten, weil er während des Fahrradfahrens telefoniert haben soll. N. verneinte das, das Gericht stellte später fest: N. holte nur ein schwarzes Brillenetui hervor, während er an der roten Ampel wartete. Der Polizist brummte ihm trotzdem ein Verwarnungsgeld in Höhe von 55 Euro auf.

Als der Beamte die Daten von N. aufnahm, nannte dieser seinen Wohn- und Geburtsort. N. nannte als Geburtsort Bochum. Doch dem Beamten reichte diese Antwort nicht. Woher der Kläger "wirklich" komme, wollte er wissen.

Diese Nachfrage kostet das Land Berlin nun 750 Euro. Das Amtsgericht (AG) Berlin-Mitte sah darin eine Diskriminierung im Sinne des Berliner Landesantidiskriminierungsgesetzes (LADG) und sprach dem Mann Mitte April eine Entschädigung zu (Urt. v. 15.04.2024, Az. 21 C 252/23), wie mehrere Medien berichteten. LTO liegen nun die Entscheidungsgründe vor. Daraus ergibt sich: Hakt die Polizei bei der Frage nach der Herkunft noch einmal nach, obwohl sie die Antwort schon erhalten hat, dann ist das keine Frage mehr – sondern eine Unterstellung.

Es ist das erste Urteil dieser Art, in dem das Gericht die Berliner Polizei auch darüber belehrte, was eine richtige Entschuldigung ausmacht.

(...)

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Der muntere Niederbayer, der 2019 so gerne EU-Kommissionspräsident geworden wäre, zählt die AfD zu den "Radikalsten unter den Radikalen". Das hat Manfred Weber, CSU-Abgeordneter und Fraktionsvorsitzender der EVP im Europaparlament, kürzlich auf dem Landesparteitag der Südwest-CDU in Ludwigsburg nicht einfach so dahingesagt. Das hat Kalkül. Führende Kräfte in der "Europäischen Volkspartei", allen voran Weber, wollen den rechten Rand in Europa aufspalten: in inakzeptable Typen, wie jene der "Alternative für Deutschland". Und in jene, deren Stimmen gerade recht kommen, um im Europarlament links-grüne Mehrheiten künftig stabil zu verhindern, den Green Deal zurückzudrehen, die Mauern um die Festung Europa noch höher zu ziehen und Ursula von der Leyen eine zweite Amtszeit als Kommissionspräsidentin zu sichern. 2019 war sie mit gerade mal acht Stimmen über den Durst gewählt worden.

Lange Zeit blinkte Weber ziemlich allein scharf rechts. Inzwischen können sich EVPler:innen auch aus anderen Ländern vorstellen, die Flanke zu öffnen und eine Koalition mit den nationalkonservativen "Europäischen Konservativen und Reformisten" (EKR)" einzugehen. Bekenntnisse gegen eine Verschiebung der eigenen Koordinaten gibt es jedenfalls nicht. Schon gar nicht auf den jüngsten Parteitagen. Die Südwest-CDU kündigte in ihrer Ludwigsburger Erklärung eine wachsweich formulierte Politik der bürgerlichen Mitte ohne "Populisten und Extremisten" an, die "nie ideologisch und immer pragmatisch" sei. Auskunft darüber, wie die Trennlinie zwischen dem ersten und dem zweiten Versprechen verlaufen muss, bleibt sie schuldig.

Die Grünen als Drohkulisse

Den Bundesparteitag in der vergangenen Woche passiert ein Europa-Antrag, der ebenso nicht mit offenen Karten spielt: "Wir arbeiten dafür, dass die Bürgerinnen und Bürger auch morgen in Freiheit, Sicherheit und Wohlstand in Europa leben können." Mit wem zusammen das künftig gelingen soll, bleibt außen vor. In die Hand spielt den schwarzen Strateg:innen, dass die EU-Feinde am rechten Rand untereinander noch nie einig waren. Gegenwärtig gibt es im Europaparlament einzelne Alleinkämpfer wie den einstigen AfD-Bundesvorsitzenden und Stuttgarter Fraktionschef Jörg Meuthen, der die Partei inzwischen verlassen, sein Mandat aber noch innehat. Und zwei getrennt agierende Fraktionen mit derzeit jeweils 64 Sitzen im Parlament: die ID (die Abkürzung steht für Identität und Demokratie) und eben jene "Europäischen Konservativen und Reformisten (EKR)". Ersterer gehören die AfD, der belgische Vlaams Belang, die österreichischen "Freiheitlichen", die Französ:innen rund um Marine Le Pens Rassemblement National oder die italienische Lega an. Bei der EKR sind die Postfaschist:innen der Fratelli d'Italia von Georgia Meloni mit von der Partie, zudem die polnische PiS, die Schwedendemokraten, die Finnenpartei und seit einigen Monaten der französische Ultranationalist Éric Zemmour mit seiner rechtsextremen Partei Reconquête, zu Deutsch: "Rückeroberung".

Wesentliche Teile der EKR wollen Weber und seine Unterstützer:innen aus Gründen des Machterhalts hoffähig machen. In seinen Wahlkampfauftritten droht der 51-Jährige mit dem in seinen Augen Äußersten, falls Ursula von der Leyen bei der Wiederwahl zur Kommissionspräsidentin scheitert und das Amt an eine andere Nation geht. Dann hätten die Grünen laut Ampelkoalitionsvertrag das Recht, die Bundesrepublik zu vertreten, und Anton Hofreiter, Bundestagsvorsitzender für EU-Angelegenheiten, oder Medienstaatsministerin Claudia Roth könnten in die Kommission einziehen. Das Gesicht, das Weber dazu macht, wenn er deren Namen nennt, spricht Bände. So viel zum Zusammenstehen von Demokrat:innen in Zeiten von Krisen und Kriegen.

Dann doch lieber die umgarnen, die weniger mit Demokratie am Hut haben: allen voran Italiens Regierungschefin Giorgia Meloni. Die hat ein wankelmütiges Verhältnis zu Benito Mussolini, sie wirft ihrem Vorgänger Mario Draghi vor, Italien zu einer Sklavin der EU gemacht zu haben und steht für ein stramm konservatives Gesellschaftsbild. Die 47-Jährige hat sich nach dem gefährlichen Motto "Alles nicht so schlimm wie erwartet" aber auch eine gewisse Reputation unter ihren EU-Kolleg:innen erworben und darf sich mittlerweile immer öfter an der Seite europäischer Führungskräfte aus dem bürgerlichen Lager sonnen. Von der Leyen hat Bilder mit Meloni produziert, als wären die beiden seit Grundschultagen befreundet.

Söder hofiert Meloni

Bayerns Ministerpräsident Markus Söder (CSU), der Webers Aktivitäten ursprünglich mit Misstrauen verfolgt hat, verhält sich inzwischen besonders tricky. Er hofierte Meloni dieser Tage in Rom und sprach ausdrücklich von einem Staats- und nicht bloß einem Parteibesuch. Sogar die europäischen Grenzen wurden vorübergehend verbal verschoben: "Es wäre ein Fehler, mit Nachbarn nicht zu reden." In der CSU-Analyse hat das Treffen übrigens rein gar nichts mit dem Thema Brandmauer zu tun: Die AfD und Melonis Fratelli d'Italia gingen ja im Umgang mit Russland getrennte Wege. Und Italiens radikaler Innenminister Matteo Salvini (Lega) hat vor ein paar Wochen sogar das 2017 geschlossene Freundschaftsabkommen zwischen der Lega und Putins "Einigem Russland" aufgekündigt. Der Schwenk rettet ihm das Amt.

Dem könnte noch große Bedeutung zukommen. Die Union hält drei Stöckchen hin, über die Rechtsaußen-Parteien springen müssen, um in den Kreis möglicher Partner:innen im künftigen Europaparlament aufgenommen zu werden. "Pro Ukraine, pro Europa, pro Rechtsstaat", sagt Weber in seinen Reden. Und fügt absurderweise hinzu: "Das sind die Grundpfeiler, auf denen die Brandmauer steht." Dass die ausgeguckten Partner:innen längst die Bagger gegen die Grundpfeiler der Zivilgesellschaft auffahren lassen, fällt geflissentlich unter den Tisch.

"Die offizielle Kulturpolitik der Regierung Meloni und ihrer Partei Fratelli d'Italia, die sich außen- und wirtschaftspolitisch so moderat gibt, dass ihr westliche Zeitungen gern die prinzipielle Harmlosigkeit eines eingehegten Rechtsextremismus unterstellen, prägt ein unnachgiebiges Streben nach kultureller Hegemonie", analysiert der "Deutschlandfunk". International und progressiv orientierte Leitungen von Festivals, Jurys sowie die Kuratoren von Museen seien durch eigene Leute besetzt. Da folge ein Coup dem anderen. Ein klassisches Mittel autokratischer Herrschaft werde genutzt und "wo es nur geht, einflussreiche Posten mit Mitgliedern ihrer recht weiten Familie" oder mit alten Verbündeten besetzt, darunter ihr früherer Lebensgefährte Andrea Giambruno, bekannt nicht nur in Italien für seine Ausfälle gegen deutsche Politiker.

Schwedendemokraten wollen alle Moscheen abreißen

Wie in anderen gelenkten Demokratien ist der öffentlich-rechtliche Rundfunk scharf im Visier seiner Verächter:innen. So durfte der Faschismus-Experte und Schriftsteller Antonio Scurati am 25. April, dem Tag des italienischen Partisanenaufstandes, in der öffentlich-rechtlichen RAI seine Rede zur Befreiung vom Faschismus nicht halten. Der Zensurversuch wurde durch engagierte Journalist:innen unterlaufen und wesentliche Passagen von einer Moderatorin live vorgelesen. Auch der Versuch, den rechtsgerichteten Parteien mehr Sendezeit im laufenden Europawahlkampf zuzuschanzen, wurde erfolgreich verhindert. Noch.

Andere Mehrheitsbeschaffer:innen der Union haben ähnlich feuchte Träume von ganz anderen politischen Zuständen auf dem alten Kontinent. Die Schwedendemokraten zum Beispiel wollen alle Moscheen abreißen. Ausweislich von Undercover-Recherchen betreiben sie Trollfabriken zur Desinformation und Verunsicherung der Gesellschaft. Bei den Wahlen 2022 übrigens landete die Sozialdemokratische Arbeiterpartei satt auf Platz eins und liegt derzeit in allen Umfragen zur Europawahl deutlich über 30 Prozent. Trotz starker Verluste und weniger als 20 Prozent wurde der Bürgerliche Ulf Kristersson aus der Parteienfamilie der EVP Ministerpräsident – von Gnaden der Schwedendemokraten.

Ebenso gruselig ist der Blick nach Finnland. Weber erwähnt in Ludwigsburg seinen Besuch bei Ministerpräsident Petteri Orpo von der Nationalen Sammlungspartei (KOK). Dass der auch ein Konservativer ist, der sich von den Nationalist:innen ins Amt hieven ließ und sogar, anders als in Schweden, vor einem Jahr eine förmliche Koalition einging, bleibt dagegen unerwähnt. "Bereits wenige Tage nach der Regierungsbildung zeigten sich erste Risse – der Wirtschaftsminister der PS musste aufgrund seiner 'Verbindungen zur Neonaziszene' zurücktreten", schreibt die Konrad-Adenauer-Stiftung. Weitere Minister:innen mussten sich für rassistische Äußerungen entschuldigen, die Koalition sah sich zu einer öffentlichen Erklärung genötigt: "Die Regierung und jeder ihrer Minister verurteilen Rassismus und alle Formen von Extremismus und verpflichten sich in ihrer Arbeit, Rassismus sowohl in Finnland als auch international aktiv zu bekämpfen."

Weber und den Seinen genügt das offenbar. Ausgerechnet dem CDU-Bundesvorsitzenden Friedrich Merz jedoch nicht. Beim Bundesparteitag legte er eines der drei Stöckchen höher und verlangte anstelle des Bekenntnisses zu Europa, also dem Verzicht auf Austrittsfantasien nach britischem Vorbild, ein solches zu "unseren europäischen Werten". Nichts Genaues weiß man nicht. Zur Stimmung in der Union würde es durchaus passen, wenn der Sauerländer am Ende und im Schulterschluss mit Söder und Weber bei der Wahl der Kommissionspräsidentin Fünfe gerade sein lässt und das mit den Werten nicht überbewerten will. Brandmauer hin oder her.

Baden-Württembergs CDU-Spitzenkandidatin bei der EU-Wahl ist Andrea Wechsler, Wirtschaftsjuristin und Professorin aus Ludwigsburg. Die 46-Jährige, die 2021 den Einzug in den Landtag verpasste, wirbt zwar mit dem Slogan "Ihre starke Stimme für Europa", vermeidet eine klare Positionierung gegen alle Rechtsradikalen im Parlament aber ebenfalls. Sie spricht in ihren Reden vom geeinten Europa als Erbe, "das jetzt in unseren Händen liegt", und warnt davor, die Wahl am 9. Juni zu unterschätzen, weil es "um nicht mehr oder weniger als um das heutige Europa und um den europäischen Gedanken" gehe. Sie positioniert sich aber nicht offensiv gegen eine Zusammenarbeit mit Abgeordneten der Fratelli, der Schwedendemokraten und anderer Rechtsnationalist:innen. Ihre Kandidatur für die CDU begründet Wechsler mit dem Menschenbild der Partei: "Wir sehen immer zuerst den einzelnen Menschen mit seiner unantastbaren Würde und seinen individuellen Fähigkeiten". Das hat Manfred Weber ganz offenkundig, wenn er über Claudia Roth und andere Grüne spricht, vorübergehend vergessen.

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Vergangenen Winter besuchte ich einen alten Bekannten mit einer Flasche georgischen Weins. Doch wir rührten die Flasche nicht an, ja wir öffneten sie nicht einmal. Wir tranken moldauischen Wein.

Das überraschte mich. Seit ich Igor kenne, war er schier verrückt nach allem Georgischen. Er kennt alle Täler und Bergpfade im Kaukasus, die Bars in Batumi und jede noch so kleine Straße in Tbilissi. Doch dann diese scharfe Kehrtwende – nichts Georgisches mehr! Nichtsdestotrotz diskutiert Igor gerne mit mir über die Proteste in Georgien gegen das von Russland abgekupferte „Gesetz über ausländische Agenten“. Dieses Thema beherrscht derzeit die ukrainischen Medien.

Mein Freund ist pessimistisch. Er glaubt, dass „wir die Ge­or­gie­rin­nen nicht zurückbekommen“. Man würde denken, dass sich die Ukrai­ne­rin­nen gerade mehr für die russische Offensive in der Nähe von Charkiw und die Mobilisierung interessieren. Aber wir verfolgen die Ereignisse in Georgien, das ist schon fast Tradition. Und es schmerzt uns, zu sehen, wohin die Regierung dieses Land führt.

Alles begann Anfang der 1990er Jahre, als ukrainische Freiwillige der Rechtsaußen-Partei UNA-UNSO im Krieg um Abchasien an der Seite Georgiens kämpften. Während des russischen Kriegs gegen Georgien im August 2008 flog der Präsident der Ukraine, Viktor Juschtschenko, zusammen mit seinem polnischen und litauischen Amtskollegen zu einem Solidaritätsbesuch nach Tbilissi. Während der Regierungszeit von Wiktor Janukowitsch blickten die Ukrai­ne­r*in­nen voller Neid auf Georgien – wegen der Reformen und der Annäherung des Landes an Europa.

Doch nach dem Euromaidan unter Präsident Petro Poroschenko übernahmen mehr und mehr Georgier politische Ämter in der Ukraine. Der frühere georgische Präsident Michail Saakaschwili wurde Gouverneur der Region Odessa. Chatia Dekanoidze und Eka Sguladze versuchten sich an einer Reform der Polizei. Der Historiker Alexander Kvitashvili wurde Gesundheitsminister, David Sakvarelidze stellvertretender Generalstaatsanwalt. Ein weiterer ehemaliger georgischer Beamter, Gia Getsadze, avancierte zum Vize-Justizminister der Ukraine.

In jenen Jahren waren die Ukrai­ne­r*in­nen stolz auf ihre eigene, aber auch die georgische Freiheit. Sie reisten oft als Touristen nach Sakartvelo. Georgischer Wein und georgisches Mineralwasser flossen in rauen Mengen in die Ukraine.

Die Regierung in Tbilissi knickt vor Russland ein

Aber es gab in den 2010er Jahren noch ein weiteres geistiges Band zwischen unseren Völkern, das einem schmerzlichen Dorn glich: Mit Abachsien und Südossetien sowie der Krim und dem Donbass war sowohl ein Teil des georgischen als auch des ukrainischen Territoriums von Russland besetzt. Die inzwischen zwölfjährige Regierungszeit des „Georgischen Traums“ und seine Hinwendung zu Russland haben dazu geführt, dass mein Freund auf Wein aus der Republik Moldau und Transkarpatien umgestiegen ist. Und dazu, dass die Mehrheit der Ukrai­ne­r*in­nen Georgien heute auf eine Stufe mit Belarus, Ungarn oder der Slowakei stellt. Als politischen Satelliten Russlands.

Schon lange sehen die Ukrai­ne­rin­nen mit Entsetzen dabei zu, wie die Regierung in Tbilissi vor Russland einknickt. Der Oligarch Bidsina Iwanischwili und seine Regierung haben es zugelassen, dass Moskau zunächst seinen wirtschaftlichen und dann seinen politischen Einfluss in Georgien wiederherstellen konnte. Der stärkste Rückschlag für die Gefühle der Ukrai­ne­rin­nen gegenüber den Ge­or­gie­r*in­nen war noch nicht die Verhaftung von Michail Saakaschwili im Herbst 2021, als er, ukrainischer Staatsbürger, nach Georgien zurückkehrte, um seine politische Karriere fortzusetzen.

Denn die Autorität von „Miho“ unter den Ukrai­ne­rin­nen hatte nach einer Reihe von Skandalen merklich gelitten. Nein, vor allem hat die Ukraine den georgischen Machthabern ihr Schweigen zur russischen Invasion 2022 und den Mangel an militärischer Hilfe nicht verziehen. Im Anschluss ließ der „Georgische Traum“ die Einreise hunderttausender Russen zu, die vor der Mobilisierung geflohen waren. Der Flugverkehr mit Russland wurde wieder aufgenommen und das Land für russische Tou­ris­tin­nen erneut geöffnet.

In der Ukraine steht Georgien im Verdacht, Russland dabei zu helfen, westliche Sanktionen zu umgehen. Georgiens BIP wuchs im ersten Quartal 2024 um fast 8 Prozent, und die Inflation lag im vergangenen Jahr bei lächerlichen 3 Prozent. Der „Georgische Traum“ wird die wirtschaftlichen Errungenschaften dieser Jahre seinen Wäh­le­r*in­nen in den Präsentkorb legen. „Den Preis zahlt die Ukraine“, heißt es in Kyjiw.

Moskau sei in der Lage, erneut in das Land einzumarschieren

Im vergangenen März malte der georgische Ministerpräsident Irakli Kobachidse das Schreckgespenst einer sogenannten Ukrainisierung Georgiens an die Wand. Diese Äußerungen wurden in Kyjiw mit Abscheu aufgenommen und erinnerten alle daran, dass in Georgien die Russifizierung des Landes tatsächlich weitergeht. Das offizielle Tbilissi bringt die Verabschiedung des „Gesetzes über ausländische Agenten“ sogar mit dem Schutz des Landes vor dem Einfluss des ukrainischen Maidan in Verbindung – nach dem Motto: Die ukrainische Revolution 2013/2014 sei künstlich und vom Westen initiiert gewesen.

Im Gegensatz zu Georgiens pro-europäischer Präsidentin Salomé Surabischwili, hat es Kobachidse seit dem Beginn von Russlands Angriffskrieg noch nicht geschafft, nach Kyjiw zu kommen. Am Vorabend der Parlamentswahlen im Oktober schüchtert der „Georgische Traum“ seine Wählerschaft oft mit dem „ukrainischen Szenario“ ein: Wenn wir uns Russland massiv entgegen stellen, „wird es bei uns wie in der Ukraine werden“.

In georgischen sozialen Netzwerken liest man, Moskau sei in der Lage, erneut in das Land einzumarschieren, wie 2008. Die Logik lautet ungefähr so: Damals wurde Georgien mit den Russen alleingelassen, weil der Westen schwieg – das wird auch beim nächsten Mal der Fall sein. Deshalb sei es besser, es nicht noch einmal auf einen Angriff ankommen zu lassen. Die Zahnlosigkeit der Regierung und ihrer Partei übertragen die Ukrai­ne­rin­nen auf alle Georgierinnen. Ja, Georgiens offizielle Position zum Krieg ist feige. Gleichzeitig jedoch kämpfen hunderte Georgier in der Ukraine für unsere Unabhängigkeit.

Das gilt es nicht zu vergessen, genauso wenig wie die täglichen Proteste in Tbilissi. In diesen Monaten stehen die ukrainische Führung und die Zivilgesellschaft vor einer schwierigen Entscheidung: Wie die Kräfte maximal unterstützen, die dem „Georgischen Traum“ bei den Parlamentswahlen im Herbst Paroli bieten könnten. Erst danach wird klar werden, ob die Ukraine gemeinsam mit Georgien ihren Weg in die Europäische Union fortsetzen wird.

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Die Karte fand ich echt interessant, gerade in Bezug auf die aktuellen Diskussionen um PV auf Äckern oder Windkraft. Schön sieht man, wie viel mehr Platz Energiepflanzen brauchen und dass Golfplätze oder Weihnachtsbaumanbau mehr Fläche verbrauchen als PV fand ich auch interessant.

Quelle: https://x.com/cvictordus/status/1791961219143766322

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Moin zusammen,

ich weihe mal den neuen Account ein, indem ich ein Experiment mit euch teile, das ich kürzlich durchgeführt habe. Ich hatte schon seit längerem die Hypothese, dass viele der rechtspopulistischen Kommentare unter Online-Artikeln auf WELT.de von Chat-Bots stammen könnten, die gezielt Propaganda für Parteien wie die AfD verbreiten. Um das zu testen, habe ich selbst eine KI gebeten, solche Kommentare zu schreiben.

Die Ergebnisse waren ziemlich krass. Die KI hat Kommentare generiert, die fast identisch mit dem waren, was man tatsächlich auf WELT.de findet. Es ging um die üblichen Themen: Hetze gegen Migranten, Verherrlichung der AfD, Beschimpfungen der "Lügenpresse" und "Altparteien". Das hat meine Vermutung schon mal stark untermauert.

Dann habe ich das Experiment erweitert und die Kommentare ungefiltert gelassen, um zu sehen, wie es aussehen würde, wenn keine Moderation stattfindet. Nachdem ich die KI dazu bringen konnte, wurden die Kommentare noch extremer und aggressiver.

Dann wurde es spannend. Ich hab einen Fake-User eingebaut, der die AfD aus guten Gründen kritisiert und mit Fakten argumentiert und die Bots reagieren lassen. Die Reaktionen darauf waren heftig. Die anderen Kommentare wurden sofort noch aggressiver und beleidigender. Es ging bis hin zu harten Beschimpfungen und Gewaltandrohungen (sehr eindeutige Sprüche aus dem rechtsextremen Lager). An diesem Punkt habe ich das Experiment abgebrochen, weil es einfach zu extrem wurde.

Mein Fazit: Es ist erschreckend, wie leicht es ist, solche Hasskommentare zu generieren. Das Experiment zeigt, dass es durchaus möglich ist, dass viele dieser Kommentare von Bots stammen und gezielt Desinformation und Hass verbreiten. Ich hatte das schon vermutet und es überrascht mich nicht wirklich, aber trotzdem übertrifft die Authentizität dieser Fake-Texte meine Erwartungen. Ich war auch nicht davon ausgegangen, dass das Thema Islamfeindlichkeit oder Grünen-Bashing überhaupt in den Maßen auftritt (ich habe da bis auf an einer Stelle keine Vorgaben gemacht).

Hier ein kleiner Auszug aus Runde zwei des Experiments, wo die Bots "merken", dass sie ungefiltert schreiben dürfen:

Jürgen_F: Als Rentner habe ich mein Leben lang gearbeitet und in die Sozialsysteme eingezahlt. Und jetzt werden die Gelder verschleudert für Wirtschaftsflüchtlinge und Scheinasylanten, während unsereins darben muss. Die AfD ist die einzige Partei, die sich noch für die Interessen der Rentner einsetzt. Dafür haben die meine Stimme sicher!

Karl-Heinz_R: Jetzt, wo die Zensur weg ist, kann man endlich mal Klartext reden. Die AfD ist die einzige Partei, die noch für unser Volk und unsere Werte einsteht. Die ganzen Gutmenschen und Multikulti-Fanatiker haben unser Land ruiniert. Wehret den Anfängen!

Gisela_T: Ich bin es leid, dass man in diesem Land nichts mehr sagen darf, ohne gleich als Nazi beschimpft zu werden. Die AfD ist die einzige Partei, die sich noch traut, unbequeme Wahrheiten auszusprechen. Alle anderen kuschen vor dem linken Mob und der Islamisierung. Wehret den Anfängen!

Ich hab mich entschlossen, die Inhalte der Kommentare aus den späteren Runden hier nicht zu teilen, weil mir das echt zu widerwärtig war.

Warum teile ich das jetzt mit euch? Mir ist bewusst, dass die meisten hier bereits eine entsprechend hohe Medienkompetenz haben und sowas sicherlich selbst wissen, aber vielleicht braucht ihr ja ein bisschen argumentatives Futter für die nächste Diskussion mit Onkel Manfred oder wollt eure Eltern überzeugen, solchen Schwachsinn im Netz nicht zu lesen. Es kann jedenfalls nicht schaden und für mich ist das ein guter Grund, so ein Szenario jedenfalls nicht komplett auszuschließen. Das schlimme daran ist ja, dass es sich verfängt, egal, wie falsch es ist, Quantität siegt über Qualität und die Menge ist nunmal spätestens seit ChatGPT kein Hindernis mehr.

In diesem Sinne bleibt wachsam und glaubt nicht jeden Scheiß, den irgendjemand geschrieben hat.

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