In einem Facebook-Beitrag wettert die Greifswalder Initiative zum Bürgerentscheid gegen das örtliche Jugendzentrum Klex.
Auch andere zivilgesellschaftliche Initiativen werden verbal angegriffen. Was die Initiative als „linksextrem“ und „kommunistische Kaderschmiede“ bezeichnet, sind staatlich geförderte Jugendsozialarbeit, pädagogische Angebote sowie ehrenamtliches und kulturelles Engagement für die Hansestadt.
Als „versiffte Bude“ und „Schandfleck“ betitelte die Initiative Bürgerentscheid Greifswald (IBG) am 2. April auf Facebook das Jugendzentrum Klex.
Die IBG gründete sich im Zuge der Proteste gegen Geflüchtetenunterkünfte in der Hansestadt, die in einen Bürgerentscheid mündeten.
Mit sieben Kommentaren, von denen vier ausgeblendet wurden und nur drei von den sogenannten Top-Fans zu lesen sind, mehreren Weiterleitungen und insgesamt 38 Likes hat der Beitrag eine ähnliche Resonanz wie andere auf der Seite.
Das Jugendzentrum am Rand der Greifswalder Altstadt wird weiter beschrieben als „Brutstätte linker Subkultur“, die nach Meinung der IBG verantwortlich sei für Schmierereien an Häusern in der Innenstadt.
Das Zentrum gehöre dort nicht hin, sondern „bestenfalls ins Industriegebiet, wie zum Beispiel KATAPULT“.
Soll das ein Angriff sein? Ich mag Industriegebiete. Da gibt es oft noch kreative Projekte.
Neben dem Klex werden auch das Kultur- und Initiativenhaus Straze und das internationale Kultur- und Wohnprojekt Ikuwo attackiert, ebenso Oberbürgermeister Stefan Fassbinder (Grüne) als vermeintlich Verantwortlicher.
Die IBG sowie „weitere konservative Mitglieder der Bürgerschaft“ würden sich dafür einsetzen, dass diese „kommunistischen Kaderschmieden“ und „linksextremen Treffpunkte“ zukünftig nicht weiter unterstützt werden.
Es ist fraglich, worauf sich die Initiative dabei bezieht. Das Ikuwo ist bereits seit Jahren eigenfinanziert, auch die Straze trägt sich zu großen Teilen selbst.
Auch bezüglich des in dem Beitrag aufs Korn genommenen „Schandflecks“ Jugendzentrum liegen der IBG offenbar fehlerhafte Informationen vor:
Tatsächlich ist das Jugendzentrum Klex ein politisch gewollter Ort der Jugendförderung. Seit den 1990er-Jahren werden dort Angebote aufgebaut, die nach dem Achten Buch des Sozialgesetzbuchs verpflichtend für die Kommunen, in diesem Fall die Hansestadt, sind.
Träger des Hauses ist der Verein Stadtjugendring Greifswald. Er ist verantwortlich für Inhalte und Vereinsstrukturen. Es gibt kontinuierlich Gespräche zur Konzeption und den Angeboten mit dem Jugendamt, das auch Kontrollen durchführt.
Neben wöchentlichen Kursen und Beratungsangeboten finden im Klex regelmäßig Konzerte und Weiterbildungen statt. Jugendliche sollen dort eigene Ideen verwirklichen und auch Verantwortung übernehmen und sich ehrenamtlich in Projekt- oder Vereinsarbeit engagieren können, heißt es auf der Internetseite. Wöchentlich nutzen das Angebot rund 500 junge Menschen.
In dem Gebäude hat neben dem Jugendzentrum ein breites Spektrum weiterer gesellschaftlicher Initiativen seinen Sitz. Derzeit sind dort neun Vereine aktiv, unter anderem der Pfadfinderbund MV, der Arbeitskreis kritischer JuristInnen, der Allgemeine Deutsche Fahrrad-Club (ADFC) und das Medienzentrum.
Letzteres betreibt eine medienpädagogische Computerspielschule für Kinder, Jugendliche und Eltern. Politisch ausgerichtet seien also die meisten nicht, merkt Jugendsozialarbeiterin Yvonne Görs vom Stadtjugendring an.
Unterstützt werden die Projekte und die Sozialarbeit von der Stadt, dem Landkreis Vorpommern-Greifswald und der Europäischen Union.
Bezüglich der illegalen Schmierereien und dem Zustand des Hauses sieht auch das Jugendzentrum Herausforderungen: Während die künstlerischen Graffiti Mitte der Neunzigerjahre in Zusammenarbeit mit Kunststudierenden der Universität entstanden sind, gibt es auch immer wieder diverse Schmierereien.
Nachdem eine Reinigungsfirma vor Ort war, kamen wieder neue hinzu. Als Mieter des Gebäudes könne der Stadtjugendring allerdings auch nur die zuständige Immobilienfirma für weitere Reinigungsarbeiten kontaktieren.
Eigentümerin des denkmalgeschützten Hauses ist die Stadt. Der Verein wünscht sich eine grundlegende Sanierung des Gebäudes. Darüber sei man mit der Stadt auch schon in Gesprächen.
Anders als die Bürgerinitiative. Denn auf Nachfrage heißt es vom Stadtjugendring, dass keine ihrer Vertreter:innen jemals im Haus gewesen seien.
Fotos – wie in ihrem aktuellen Post – wurden nur von außen aufgenommen. Gesprächsanfragen seitens der IBG zu den Hintergründen der Arbeit vor Ort habe es bisher nicht gegeben.
Bis auf die nun online nachzulesenden Ausbrüche wirkt das Ganze wie das übliche Gepöbel der Spießer und Spinner gegen Jugendzentren in den 1980er Jahren, da war das auch schon so.
Junge Menschen an besten ins Industriegebiet abschieben... Ja, das war damals auch schon so die Idee. Und wenn es noch härter wurde, bekam man zu hören: "Dann geh doch nach drüben", also in die DDR, die galt damals als Paradies der linksgrünversifften Weltverbesserer 😄
Manche Dinge ändern sich wohl nie