Die Zahlen des Ukraine Support Tracker sind ernüchternd für Kiew. Die zugesagten Kriegshilfen erreichen einen Tiefstand. Eine weitere Verzögerung von Unterstützungspaketen würde Putins Position "deutlich stärken", warnt das Kieler Institut für Weltwirtschaft.
Die neu zugesagten Ukraine-Hilfen erreichen zwischen August und Oktober 2023 einen Tiefstand: Sie sinken um 87 Prozent gegenüber dem gleichen Zeitraum im Jahr 2022. Dies geht aus der jüngsten Aktualisierung des Ukraine Support Tracker des Kieler Instituts für Weltwirtschaft hervor.
Von den 42 erfassten Gebern haben demnach nur 20 in den vergangenen drei Monaten neue Hilfspakete zugesagt. Im Zeitraum August bis Oktober 2023 beläuft sich der Gesamtwert neuer Pakete auf gerade noch 2,11 Milliarden Euro. Dies ist der niedrigste Betrag seit Januar 2022, dem Monat vor dem großangelegten russischen Angriff auf die Ukraine.
Größter Geber von Militärhilfe sind laut der Untersuchung nach wie vor die USA mit einem Gesamtvolumen von 44 Milliarden Euro. Deutschland hole jedoch mit militärischen Zusagen in Höhe von über 17 Milliarden Euro rasch auf, heißt es. Kleinere Länder, vor allem die nordischen Staaten und die Niederlande, spielen ebenfalls eine wachsende Rolle. "Die Ukraine ist nun zunehmend auf eine Kerngruppe von Unterstützern wie die USA, Deutschland sowie nord- und osteuropäische Länder angewiesen, die weiterhin sowohl finanzielle Unterstützung als auch wichtige Waffen wie F-16-Kampfflugzeuge zusagen und liefern", schreibt das Institut.
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Nicht nur die aktuellen Zahlen dürften Kiew beunruhigen. Auch die weiteren Aussichten sind nicht rosig: Die größte noch ausstehende Hilfszusage – die der Europäischen Union – wurde noch nicht endgültig genehmigt, und die Zusagen der USA sind rückläufig. In Washington tobt zudem ein Streit über die Ukrainehilfen, der Kongress blockiert zurzeit weitere Mittel für das Land.
"Unsere Zahlen bestätigen den Eindruck einer zögerlicheren Haltung der Unterstützer in den vergangenen Monaten", sagt Christoph Trebesch, Leiter des Teams, das den Ukraine Support Tracker erstellt. Die Ukraine sei zunehmend von einigen wenigen Kerngebern abhängig wie Deutschland, den USA oder den nordischen Ländern. "Angesichts der Ungewissheit über weitere US-Hilfen kann die Ukraine nur hoffen, dass die EU endlich ihr seit Langem angekündigtes 50-Milliarden-Euro-Hilfspaket verabschiedet. Eine weitere Verzögerung würde Putins Position deutlich stärken."
So sehr ich zum Pazifismus und allem neige, aber jetzt gescheit Hilfe zu geben wäre deutlich günstiger als alles was die kommenden Jahre durch eine Niederlage der Ukraine und so anstehen würde
Warum wäre es günstiger?
Das hier ist jetzt eine Perspektive aus der Schule des Realismus und klar geopolitisch. Aber auch andere Schulen würden zu dem Ergebnis kommen, dass ein Sieg Russlands für liberale Demokratien und die Bekämpfung des Klimawandels schlecht wäre:
Aus sicherheitspolitischer Perspektive wurden der Ukraine bestimmte Versprechen gemacht (im Tausch gegen Atomwaffen), die bei einem Sieg Russlands (oder sogar einem Phyrussieg der Ukraine) nicht eingehalten wurden. Die Welt bewegt sich auf eine multipolare politische Ordnung zu, was Sicherheitsfragen neuen Wert gibt; leicht erkennbar an den neuen Tönen aus dem Verteidigungsministerium. Wenn die Versprechen gegenüber der Ukraine nicht eingehalten werden, bedeutet das für jeden Akteur in einer multipolaren Welt, dass auf größere Bündnispartner kein Verlass ist, weshalb die atomare Bewaffnung für jeden Staat, der dazu in der Lage ist, naheliegend wird. Finde ich persönlich ungünstig.
Parallel dazu gibt es natürlich noch die ökonomische und ökologische Perspektive. Russland ist nicht nur Fossilstofflieferant, sondern versteht sich auch als Arktis-Hegemon. Ob durch Serverfarmen, Wind/Wasserenergie oder wegen seltener Erden für ein Wegkommen von Fossilen Brennstoffen notwendig sein könnten, die Arktis spielt eine wichtige Rolle in der energetischen und damit geopolitischen Zukunft. Ein Sieg in der Ukraine könnte ein Fortführen der russischen Salami-Strategie bedeuten. Gleichzeitig kostet der Krieg Russland nicht nur viel Geld, sondern auch Expertise, ausländische Investitionen und moderne Technologien. Der einfachste Weg für Russland aus diesem Dilemma raus ist billiger Fossilbrennstoff, der weder neue Technologien noch ausländische Investitionen benötigt. Technologien und Investitionen werden jedoch benötigt, um Rohstoffe für eine Energiewende zu bekommen, weshalb diese herausgezögert wird.
Dieser Effekt wird natürlich noch dadurch gestärkt, dass Russland Länder an sich binden will und bereits jetzt den Krieg durch billige fossile Brennstoffe finanzieren muss, was für anderen Länder eine Energiewende verständlicherweise weniger opportun macht.
Danke! ... So strukturiert und kohärent hätte ich's trotz sozialwissenschaftlichen Background vor lauter Wut gerade selbst nicht mehr zu Papier bringen können :/
Wehrpflicht ist teuer. Nicht nur die Kosten für die Ausbildung, sondern überhaupt das so viele hochleistungsfähige Leute als Arbeitskräfte für 1-2 Jahre ausfallen. Naja, würden wir wahrscheinlich auch erst einführen, wenn das Baltikum gefallen ist. Aber das würde uns ja auch schon extrem viel kosten.