this post was submitted on 12 Sep 2023
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Da fällt es echt schwer nicht in doomerism zu verfallen.
Downvotes incoming: Es ist doch alles schon am Arsch und nicht mehr zu kontrollieren. Das Methan aus Sibirien tut sein übriges. Die Gletscher sind schon verloren. Jedes Land lebt über sein Ressourcenbudget (wir mehr als andere, ändert aber nichts daran dass es kein CO2 negatives Land gibt), dass die ganze Welt neutral bis negativ wird ist eine irreale Utopie. Ich genieße mein Leben jetzt solange es noch geht. Ich schränke mich nicht ein. Leiden wenn alles am Arsch ist kann ich später noch genug.
Nein, es ist absolut zu kontrollieren: Du kannst beeinflussen wie scheisse es wird.
Vllt. kannst du ja einen mittelweg gehen der dich nur wenig einschraenkt aber schon viel bewirkt:
Viele Massnahmen die viel bewirken kosten uns nichtmal besonders grossen Komfortverlust. Vllt. sind sie manchmal ein bischen teurer, oder erfordern dinge wie ein eigenes dach oder kreditwuerdigkeit die natuerlich auch nicht jeder hat. Aber wenn ich mir so in meinem bekanntenkreis anschaue wer sich all diese dinge problemlos erlauben koennte, und wer es letzendlich tut, dann sind es nichtmal 5% die von den genannten massnahmen auch nur 2-3 umsetzen.
Individual Action schön und gut, ich versuche auch auf diese Dinge zu achten. Ich frage mich aber bei solchen aufrufen immer, in wie fern "falle ich herein" auf den CO2 Fußabdruck? Also klar, jedes bisschen hilft bestimmt irgendwo, aber ich kann auch den doomerism nachvollziehen, weil gefühlt um uns rum nix passiert.
Ja, es gibt Fortachritte. Hier und da. Kleine. Das Heizungsgesetz z.B. Das ist aber weichgespülter Mist, das hinten und vorne nicht für ein 1,5 oder 2,0 Grad Ziel reicht.
Woher soll man da die Motivation nehmen, einen Optimismus aufrecht zu erhalten? Oder die Kraft, die mental load des dauernden schlechten Gewissens bei jedem Stückchen mehr Verpackung das man vielleicht durch ein 50cent teureres Produkt hätte vermeiden können auszuhalten? Es plagt einen einfach nurnoch.
Warum nicht einfach versuchen, so zu leben, dass wegen dir die Welt nicht brennen muss? Das ist kein Wettbewerb (jedenfalls muss es keiner sein).
Aber klar, potentiell wichtiger als deine persönlichen Aktionen ist, dass sich Systeme ändern, wozu du aber mit Engagement beitragen kannst.
Manche Entwicklungen laufen auch exponentiell über Netzwerkeffekte. Der Ausbau erneuerbarer Energien scheint so ein Beispiel zu sein. Ich könnte mir sehr gut vorstellen, dass auch Flugreisen, Veganität, Wärmepumpen oder Gasverbrauch ähnliche Beispiele sein können, sobald die richtigen Dominos in Bewegung sind.
Ein Argument aus einem Funk-Video, dass ich gestern gesehen habe: Sobald ein Flug unter 80% ausgelastet ist, ist er für die Fluglinie meist nicht mehr profitabel. Wenige Menschen, die nicht mehr fliegen, können also dafür sorgen, dass ein kompletter Flug aus wirtschaftlichen Gründen ausfällt.
So ein Verhältnis dürfte es auch bei vielen anderen Massenprodukten, inklusive Erdöl, geben. Das Hans-Werner-Sinn-Argument, dass dann eben jemand anderes das ganze Erdöl kauft, ist Quatsch. Vor allem, wenn andere, umweltfreundlichere Energienquellen gleichzeitig günstiger werden, eben weil sich plötzlich die Skaleneffekte einstellen, die bei fossilen Energieträgern langsam wegfallen.
Staaten handeln bei wirtschaftlichen Problemen einer Branche leider fast immer reaktiv und im Interesse von sowieso nur kurzfristig zu sichernden Altarbeitsplätze anstatt strategisch andere Arbeitsplätze zu schaffen (das würde mehr Kreativität, Wagemut und vorausschauendes Handeln erfordern). Darum gibt es gerade eine Überversorgung an LNG-Terminals, zusätzliches Geld für Tierbauern, politisch hingebogene Kohlekompromisse ... Das ist natürlich auf Dauer extrem ärgerlich und verlangsamt gesellschaftlichen Fortschritt. Irgendwann kommt der Fortschritt bei den meisten dieser Dinge aber trotzdem.
Ist nun mal leider so. Und es ist allemal besser, als noch 16 Jahre den Einbau von reinen Fossil-Gas-Heizungen zu fördern.
Das 1,5-Grad-Ziel ist passé. Das 2-Grad-Ziel ist so gut wie tot. Das heißt aber nicht, dass alle Maßnahmen deswegen sinnfrei seien. Es ist dramatisch besser, bei 2,5 Grad mehr zu landen als bei 4 Grad mehr.
Es geht nicht darum, ein schlechtes Gewissen zu haben. Es geht nur darum, zu wissen, in welche Richtung du dich bewegen kannst und möchtest. Wenn du dir die 50 Cent nicht leisten kannst, ist das so.
Und wenn du jetzt speziell von Lebensmittel sprichst, dann würde ich die Positivaspekte ungefähr so wichten:
pflanzlich >> bio > regional+saisonal > unverpackt
. Sprich: Bei Lebensmitteln hat es kaum Sinn, in erster Linie auf die Verpackung zu achten.Zwischen Optimismus und Fatalismus liegt auch immer noch Realismus.
Setz um was du kannst, mach Druck, dass mehr umgesetzt wird, und freue dich, wenn der Klimawandel selbst hilft, das Wahlverhalten anzupassen, sei es durch Einsicht, oder dadurch dass in den Hitzewellen mehr alte Leute aus dem Wählerregister ausscheiden.